Perlit | Das Eutektoid Eisen-Kohlenstoff
Perlit ist ein Gefüge, das in einigen Stählen und Gusseisenarten vorkommt und eine besondere Struktur hat, die durch die Wärmebehandlung des Materials entsteht. Es ist ein Mischung aus zwei Phasen: Ferrit (ein relativ weiches Eisen mit niedrigerem Kohlenstoffgehalt) und Zementit (eine eisenreiche Verbindung, die einen höheren Kohlenstoffgehalt aufweist).
Der Begriff „Perlit“ stammt ursprünglich von dem französischen Wort „perle“ (Perle), da das Material unter dem Mikroskop eine perlartige Struktur aufweist. Diese Struktur entsteht durch die charakteristische lamellare (schichtartige) Anordnung von Ferrit und Zementit in der Perlit-Mikrostruktur, die bei der langsamen Abkühlung von Stahl entsteht.
Bildung von Perlit
Während der Bildung des Eutektoids Perlit kommt es lokal zu einer Kohlenstoffarmut im Gefüge, während die angrenzenden Bereiche durch Diffusion zunehmend Kohlenstoff anreichern. Diese Abwechslung zwischen kohlenstoffarmen und -reichen Regionen führt zur typischen Lamellenstruktur des Perlits. In den kohlenstoffarmen Lamellen fällt bei einem Kohlenstoffgehalt von etwa 0,02 % das Gefüge in Ferrit (α-Fe) um. In den kohlenstoffreicheren Lamellen steigt der Kohlenstoffgehalt bis 6,67 %, was zur Bildung von Zementit (Fe₃C) führt. Dieser Zementit entsteht sekundär aus dem Austenit (γ-Fe) und wird daher als Sekundärzementit (Fe₃CII) bezeichnet. Diese Zementit- und Ferritfront wächst parallel in den Austenitbereich hinein.
Setzt sich die Abkühlung fort, nimmt die Fähigkeit des α-Fe, Kohlenstoff zu binden, ab, und es fällt weiterer Zementit aus. Da dieser Zementit nun aus α-Fe kristallisiert, wird er als Tertiärzementit (Fe₃CIII) bezeichnet.
Bei der untereutektoiden Perlitbildung, also bei Kohlenstoffgehalten zwischen 0,02 Ma% und 0,80 Ma%, bildet sich bei Erreichen der Temperatur A₃ (laut Eisen-Kohlenstoff-Diagramm) aufgrund der sinkenden Löslichkeit des Austenits für Kohlenstoff bereits voreutektoider Ferrit. Mit weiterer Abkühlung wird der verbleibende Austenit zunehmend kohlenstoffreicher, bis er 0,80 Ma% C erreicht. Bei 723 °C erfolgt dann die eutektoide Umwandlung, und der Austenit wandelt sich in Perlit um.
Im Falle der übereutektoiden Perlitbildung, also bei Kohlenstoffgehalten zwischen 0,8 Ma% und 6,67 Ma%, bildet sich bereits vor der Perlitumwandlung Zementit. Dieser Zementit liegt jedoch nicht in der typischen Lamellenstruktur vor, sondern bildet sich vor allem an den Korngrenzen und unterscheidet sich somit im Gefüge deutlich von dem Zementit, der bei der Perlitbildung entsteht
Eigenschaften von Perlit
Härte und Festigkeit: Die Zementitkomponente verleiht dem Perlit eine höhere Härte und Festigkeit im Vergleich zu reinem Ferrit. Aufgrund der lamellaren Struktur ist Perlit jedoch nicht so spröde wie reiner Zementit.
Verschleißfestigkeit: Aufgrund der lamellenartigen Struktur bietet Perlit eine gute Verschleißfestigkeit und wird daher oft in Anwendungen eingesetzt, bei denen Materialien hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt sind.
Verformbarkeit: Perlit ist in gewissem Maße formbar, da die Ferritkomponente der Matrix relativ weich ist, was eine gewisse Dehnung und Umformbarkeit ermöglicht.
Globularer Perlit
Entstehung: Globularer Perlit entsteht durch Wärmebehandlungen wie dem Langsamglühen oder Weichglühen oder durch das gezielte Anpassen der Abkühlgeschwindigkeit. Wenn der Stahl langsamer abkühlt, aber eine höhere Temperatur erreicht wird als beim normalen Perlit, können die Zementitpartikel in eine globuläre oder kugelförmige Form übergehen, anstatt die typische lamellenartige Struktur zu bilden.
Mikrostruktur: Die globuläre Struktur des Perlits ist dadurch charakterisiert, dass die Zementitpartikel in der Ferritmatrix nicht als flache Lamellen, sondern als kleine, runde oder ovale Kügelchen (Globuli) vorliegen. Diese Form resultiert oft aus einer speziellen Wärmebehandlung, bei der die Zementitkristalle im Stahl fein und gleichmäßig verteilt werden.
Durch die globulare Form des Zementits lässt sich der Stahl vorteilhafter spanabhebend bearbeiten, da das Schneidwerkzeug nicht alle harten Lamellen des Zementits durchtrennen muss. Stattdessen schneidet es überwiegend durch den weichen Ferrit hindurch und drückt die globularen Zementitkörner beiseite, was den Bearbeitungsprozess erleichtert und die Werkzeuge weniger beansprucht.
Man kann sich das bildlich wie folgt vorstellen: Eine Sahnetorte mit großen Schieferplatten lässt sich viel schwerer in Stücke schneiden als eine Sahnetorte, die mit kleinen Kieselsteinen durchsetzt ist. Während die Schieferplatten beim Schneiden auf Widerstand stoßen und das Messer stumpf machen, lassen sich die kleinen Kieselsteine viel leichter durch den weichen Teil der Torte „verschieben“. Ebenso wird bei einem Stahl mit globularem Zementit das Schneidwerkzeug durch den Ferrit hindurchgeführt, anstatt auf die harten Zementitlamellen zu treffen, was den Bearbeitungsprozess erleichtert.
Untersuchungen
Perlit wird in der Werkstofftechnik durch metallographische Untersuchungen sichtbar gemacht. Die polierte Probe wird mit einer chemischen Lösung, z. B. Nital (eine Mischung aus Salpetersäure und Ethanol), geätzt. Das Ätzmittel reagiert unterschiedlich mit den Phasen (Ferrit, Zementit) im Gefüge und macht so die Lamellenstruktur des Perlits sichtbar.